Urbane Umweltbildung

Die in der neueren Ökologiebewegung in Deutschland dominierende Hinwendung zu einer außerstädtischen Natur ($ Stadtgeschichte) spiegelt sich auch in der $ Umweltbildung wider: trotz einer Vielzahl von Konzepten und Praxisansätzen ist der städtische Bereich als vielfältiges Themen- und Handlungsfeld noch immer äußerst defizitär. Für einen $ ökologischen Umbau der Stadt kann eine breit entfaltete Umweltbildung zur Schaffung von ökologischem Stadtbewußtsein sowie von Handlungsdispositionen und –kompetenzen beitragen. In erweitertem Sinne gilt dies für eine $ nachhaltige Stadtentwicklung (sustainable city) und die Lokale $ Agenda 21, bei der systematisch ökonomische, soziale, regional-städtische, (inter)kulturelle, global-inter­nationale und ethische Aspekte Berücksichtigung finden sollen. Ganzheitlich bzw. interdisziplinär zu behandelnde Themenbereiche sind beispielsweise: Wohnen, Verkehr/Mobilität, Energie, Konsum, Müll/Altlasten, Handelsbeziehungen, Gewerbeflächen, Stadtnatur, Wasser, aber auch die Ökologisierung der eigenen Bildungseinrichtung. Sie stellen wegen ihrer Komplexität, Vernetztheit, Widersprüchlichkeit und  häufigen sinnlichen Nichtwahrnehmbarkeit, aber auch wegen der Individualisierung der Lernenden eine große didaktische Herausforderung für alle Bildungsstufen dar. Besonders erfolgversprechend ist eine lokale Orientierung, die Alltags- und Handlungssituationen sowie individuelle $ Lebensstile der Lernenden themenbezogen in den Mittelpunkt stellt. Phantasievolle Erkundungen und umweltgeschichtliche Recherchen ($ Stadt, Umweltgeschichte) vor Ort können die Wahrnehmungssensibilisierung und -differenzierung sowie erweiterte Problemhorizonte fördern; moderne diskursive, reflexive, kooperative und partizipative Methoden zu konkreten Handlungskompetenzen beigetragen. Das breite städtische Themenfeld, in dem sich mehrere „epochaltypische Schlüsselprobleme“ (Klafki) bündeln und verschränken, eröffnet reichhaltige, subjektbezogene Bildungschancen für alle Lernenden. Die gesellschaftliche und pädagogische Nutzung dieses Potentials erfordert eine $ Öffnung der Schule und des Bildungswesens, eine grundlegende, wissenschaftlich unterstützte, curriculare Innovation ($ Curriculumentwicklung, lokale) sowie eine kooperative Vernetzung mit regionalen nichtpädagogischen Einrichtungen und Aktivitäten ($ Umweltzentren). GB

Lit.:

Becker, Gerhard: Zukunftsfähige Stadtentwicklung und lokale Umweltbildung, in: Haan/Kuckartz (Hg.): Umweltbildung und Umweltbewußtsein, Leverkusen 1997;

Forkel, Jürgen: Naturerleben in der Stadt, Mühlheim 1993;

Gärtner, Helmut; Hoebel-Mävers, Martin (Hg.): Umwelterziehung - Ökologisches Handeln in Ballungsräumen, Hamburg 1991

Quelle: Gerhard Becker aus: Kleber, Eduard W./Brilling, Oskar (Hg.): Hand-Wörterbuch Umweltbildung, Baltmannsweiler, 1999, S. 258

$ = Querverweis im Handbuch